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Zweiter Quartierrundgang: Bümplizer Kleefeld

Der zweite Anlass der Veranstaltungsreihe Sicherheitsperspektiven führte Regierungspräsident und Sicherheitsdirektor Philippe Müller am 08. September 2023 in das Berner Kleefeld, einem Teil des Stadtteils Bümpliz-Bethlehem. Das Kleefeld ist eins von sieben Hochhausquartieren der Stadt Bern und wird von rund 3'900 Personen bewohnt, was der Grösse eines durchschnittlichen Schweizer Dorfes entspricht. Das Quartier ist multikulturell, verfügt es doch über einen Ausländeranteil von mehr als 40%. Die Haushalteinkommen sind im Vergleich zu anderen Stadtteilen unterdurchschnittlich. Insbesondere Jugendgewalt ist ein zunehmendes Phänomen. Philippe Müller wurde von Vertreterinnen und Vertretern der Quartierkommission Bümpliz-Bethlehem, des Schulkreises Bümpliz, der IG Kleefeld sowie von der Quartierarbeit herzlich empfangen. Auf seinem Rundgang wurde er von Fachspezialistinnen und Fachspezialisten der Kantonspolizei sowie der Berner Fachhochschule begleitet, die ihre Erfahrungen aus Praxis und Akademie mit den Teilnehmenden teilten. Auch bei diesem zweiten Quartierrundgang konnten verschiedene Eindrücke gewonnen werden:

1. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang 

Sicherheitspolitik ist auch Präventionsarbeit und muss Alternativen bieten.

Insbesondere die in und um das Kleefeld angesiedelten Schulen befinden sich in einem Lernprozess betreffend Sicherheit. Umfragen unter den Schülerinnen und Schülern haben ergeben, dass sie zum Teil deutlich grössere Gewalterfahrungen gemacht haben, als dies von den Lehrpersonen erwartet wurde. Damit Kinder gesellschaftlich nicht abgehängt werden, ist sprachliche Frühförderung zentral; rund 80% der Kinder im ersten Kindergartenjahr sprechen zu Hause nämlich kein Deutsch. Gleichzeitig zeigt sich, dass auch das Sprachvermögen der Eltern entscheidend ist. Zwar gibt es verschiedene freiwillige Angebote für Kinder und Jugendliche, diese werden jedoch nicht genutzt, wenn die Eltern die Angebote sprachlich nicht verstehen.

Ein Kriminalitätshotspot im Kleefeld sind die weitläufigen Einstellhallenplätze, die teilweise zum Dealen genutzt werden. Häufig dienen sie schon Kindern als Aufenthalts- und Spielplatz, wodurch sie bereits früh mit Drogen und Gewalt in Kontakt kommen. Für die Bewohnenden des Quartiers ist es deshalb zentral, dass diesen Kindern und Jugendlichen alternative Aufenthaltsräumlichkeiten geboten werden. Auch die sportlichen Betätigungsmöglichkeiten sind begrenzt und sollten erweitert werden. Die Jugendpatrouillen (Mitarbeitende der Kantonspolizei, die sich für einen Teil ihrer Arbeitszeit zur Ansprache von Jugendlichen zur Verfügung stellen) haben sich in diesem Umfeld sehr bewährt.

2. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang 

Quartierstrukturen sind in stetigem Wandel, damit einhergehende Probleme müssen frühzeitig und im permanenten Austausch aller Beteiligten angegangen werden.

Das Kleefeld war in den 1980er Jahren ein «Quartier der Ärzte und Architekten». Inzwischen hat das Kleefeld sein Gesicht schon mehrmals verändert. An der Quartierstruktur lässt sich die Migrationsgeschichte der vergangenen Jahrzehnte nachzeichnen. Heute sind die Arbeitslosigkeit, das Sozialhilfeniveau und der Ausländeranteil höher als in anderen Berner Stadtteilen. Mit dem stetigen Wandel nehmen auch die Probleme zu. Damit diese nicht überhandnehmen, sind neue Ansätze nötig. Ein Beispiel ist die Arbeitsgruppe Beschwerdemanagement. In diesem Gremium, das sich rund einmal monatlich trifft, sind alle relevanten Akteure des Quartiers vertreten. Konflikte wie Kriminalität, Lärm und Dreck können dort angesprochen und bei richtigen Adressaten deponiert werden. Diese Form des Runden Tisches – Stichwort Netzwerkarbeit – ist ein Novum in der Stadt Bern und trägt Früchte.

3. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang

Engagierte Menschen sind das A und O; der fehlende ‘letzte Meter’ ist häufig das Problem.

Quartierkommission, IG Kleefeld und Quartierarbeit leisten wertvolle Arbeit. Sie führen zahlreiche Aktionen durch, zum Beispiel zur Abfallbeseitigung, zur Erhöhung der Sicherheit des Veloverkehrs oder kulturelle Anlässe wie ein öffentliches Kino. Die Freiwilligen veranstalten auch immer wieder Elterncafés und unterstützen beim Ausfüllen schwer verständlicher Formulare. Sie tragen damit auch zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl im Quartier bei. Insbesondere die IG Kleefeld, die sich erst von wenigen Jahren neu konstituiert hat, bringt mit ihren Aktivitäten eine Struktur in das Quartier. In diesem Zusammenhang ist auch die Erhaltung der kleinen Ladenpassage zentral, die mit einem Supermarkt und einer Apotheke das Zentrum des Quartiers bildet.

Verschiedene Lösungsansätze der Engagierten können jedoch häufig nicht fertig umgesetzt werden. Die komplizierte und blockadeanfällige Eigentumsstruktur des Kleefelds erschwert die Findung von Lösungen im Konsens. Auch bürokratische Hindernisse erschweren immer wieder die Umsetzung guter Ideen.

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