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Erster Quartierrundgang: Breitenrain, Wankdorf und Schosshalde

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe «Sicherheitsperspektiven» besuchte Regierungspräsident Philippe Müller am 26. August die Quartierkommissionen der Berner Stadtteile Breitenrain-Lorraine (Stadtteil V, DIALOG Nordquartier) sowie Kirchenfeld-Schosshalde (IV, Quavier). Die Angehörigen der Quartiervertretungen führten Philippe Müller zu Bauten und Plätzen, die aus ihrer Sicht einer besonderen Würdigung – im Positiven wie im Kritischen – bedürfen. Müller wurde von Spezialisten der Kantonspolizei Bern sowie der Berner Fachhochschule begleitet, die auf dem Rundgang ihre langjährige Erfahrung und Expertise einbrachten. Der rege Austausch fand in einer sehr freundlichen und offenen Atmosphäre statt und war – auch wenn die Meinungen teilweise auseinandergingen – von Respekt geprägt. Aus den zahlreichen interessanten Diskussionen und Beobachtungen lassen sich verschiedene Erkenntnisse ableiten, die hier skizzenartig zusammengefasst werden:

1. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang 

Im dichtbesiedelten städtischen Raum müssen die teils sehr unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen tagtäglich ausgehandelt werden. Kompromisse müssen gefunden werden.

Gerade rund ums Berner Wankdorfstadion oder auf der angrenzenden Allmend manifestieren sich Interessenskonflikte zwischen den Anspruchsgruppen. Quartierbewohnende nehmen dieses Gebiet regelrecht als «Unort» wahr. Dreck, Unordnung und Verkehrsstörungen sind eine Belastung für die Anwohnenden. Der Quartierplatz («Etikettenschwindel») wird als trist und nicht einladend wahrgenommen. Dem stehen handfeste Sicherheitsbedürfnisse der Kantonspolizei und Stadionbetreibenden gegenüber. Die Sicherheitskräfte müssen notfalls die 30'000 im Stadion Anwesenden in kürzester Zeit evakuieren können. Verschönernde Elemente wie Brunnen könnten dort zu Todesfallen werden.

Die Allmend verkleinert und verschlechtert sich aus Sicht der Anwohnenden zunehmend. Öffentlich zugängliche Wiesen mutieren zu Parkplätzen, was von den Quartierkommissionen als störend wahrgenommen wird. Die geplante Aufhebung dieser Parkplätze stellt die Ordnungskräfte jedoch vor grosse Herausforderungen, da die Parkiermöglichkeiten nur bedingt kompensiert werden. Dass pro Veranstaltung bis zu 50 LKWs nötig sind und parkiert werden müssen, ist für die Kantonspolizei bereits jetzt eine alltägliche Herausforderung.

Damit das gegenseitige Verständnis wächst, sind runde Tische und regelmässiger Austausch zwischen allen Beteiligten zwingend.
 

2. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang 

Die Quartierkommissionen und Leiste spielen bei der Interessensvertretung der Bewohnenden eine besonders wichtige Rolle. Die zunehmende Komplexität der Sachgeschäfte lässt das klassische Milizwesen jedoch an seine Grenzen stossen.

Damit die Interessen der Anwohnenden artikuliert werden, sind milizmässig organisierte Quartierkommissionen unumgänglich. Die ehrenamtlich tätigen Mitglieder konsolidieren und verstärken die Meinungen der Quartierbewohnenden und verteidigen diese gegenüber Behörden und anderen Akteuren. Sie stellen sicher, dass sich alle abgeholt fühlen und Lösungen für Probleme im Konsens gefunden werden, die langfristig tragfähig sind.

Bei ihren Aufgaben kommen Kommissionen und Leiste jedoch teilweise an ihre Grenzen. Städtebauliche Sachvorlagen werden komplizierter und umfangreicher und sind mit einem unvergüteten Milizamt nur noch schwer zu vereinen. Sich aufbauender Frust bei den Ehrenamtlichen kann negative Auswirkungen auf die Rekrutierung neuer Kommissions- und Leistmitglieder haben.
 

3. Erkenntnis aus dem Quartierrundgang 

Selbst Themen, die auf den ersten Blick nichts mit Sicherheit zu tun haben, können die Sicherheit betreffen.

Auf den ersten Blick städtebauliche Themen können sicherheitspolitische Bezüge haben. Anwohnende stören sich an mangelnder Durchlässigkeit der staatlichen Bauten am Guisanplatz oder an der Papiermühlenstrasse. Bei früheren Mitwirkungsprozessen war den Quartierbewohnenden eine erhöhte Zugänglichkeit mit Bänken etc. versprochen worden. Teilweise konnten diese Versprechungen auch gehalten werden, beispielsweise auf dem Kasernenareal. Dieses kann von Familien und Sporttreibenden ungehindert genutzt werden und steht auch für Stadtteilfeste zur Verfügung. Andererseits kann die Wiese nicht beliebig z.B. mit Sitzbänken möbliert werden, da dies der Nutzung der Armee entgegensteht. Auch hier ist ein Austausch auf Augenhöhe gefragt. Nicht zuletzt bewahrt die militärische Nutzung diese grüne Lunge des Quartiers vor einer Überbauung.

Die sich verschlechternde Sicherheitslage in Europa bedingt eine Verschärfung der Sicherheitsdispositive der verschiedenen staatlichen Bauten. Die Gebäude des VBS an der Papiermühlenstrasse oder des Bundesamtes für Polizei und der Bundesanwaltschaft am Guisanplatz können Ziel von Kriminellen oder von ausländischen Akteuren sein. Die gegenüber den Anwohnenden versprochene Durchlässigkeit der Gelände konnte deshalb nicht überall eingehalten werden. Nicht städtebauliche Argumente waren also ausschlaggebend für die Eingriffe in die Quartierstruktur, sondern sicherheitspolitische.
 

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